Merklinger Doppelmord im Jahr 1912

Archival des Monats

Als eine Merklinger Bürgerin im März 2024 Materialien aus dem Nachlass ihres verstorbenen Mannes ins Stadtarchiv übergab berichtete sie von einem Mordfall der sich Anfang des 20. Jahrhunderts in Merklingen ereignet habe.

Nach einer Recherche in den Personenstandsregistern des damals noch selbstständigen Stadtteils Merklingen ergaben sich interessante Details zu der zunächst recht allgemein gehaltene Informationen. Die Einträge Nummer 19, 20 und 21 des Sterberegisters Merklingen für das Jahr 1912 geben die Todesfälle des Georg KLEINFELDER (* 20. April 1853), seines Sohnes Georg KLEINFELDER (20. September 1880) sowie des Wilhelm KURZ (*03. Februar 1865) für den 28. Juni 1912 an. Vater und Sohn Kleinfelder wurden gemäß des Registereintrags „des Nachmittags erschossen aufgefunden“ worden. Wilhelm Kurz habe sich „in seiner Wohnung Markung Merklingen erschossen“. Die Anzeige über diese Todesfälle beim Standesamt Merklingen wurde durch das Königliche Amtsgericht Leonberg gemacht. In den ergänzenden Akten der Sterberegister, den so genannten „Beilagen zum Sterberegister“, finden sich ein nochmaliger Hinweis auf die Todesursache der drei Personen sowie die Freigabe der Leichen für die Beerdigung durch das Amtsgericht. Nähere Hinweise auf das Geschehen sind den vorliegenden Merklinger Akten aber nicht zu entnehmen. Auch das Gemeinderatsprotokoll Merklingens für das Jahr 1912 schweigt sich über diesen Vorgang aus – was aufgrund der bereits im damaligen Königreich Württemberg fehlenden kommunalen Zuständigkeit in derartigen Kriminalfällen wenig verwunderlich ist.

Nun stellte sich die Frage was sich genau im Sommer 1912 in Merklingen ereignet hatte und zu diesen gewaltsamen Todesfällen führte?

Nachdem offenkundig das Königliche Amtsgericht Leonberg die ersten Ermittlungen aufgenommen hatte wären bei dieser Einrichtung auch weitere Informationen zu erwarten. Da sich das Amtsgericht Leonberg im Königreich Württemberg im Geschäftsbereich des Justizministeriums befand wären eventuelle Akten zu diesem Fall im für das Justizministerium zuständigen staatlichen Archiv zu vermuten, in vorliegendem Fall also dem Staatsarchiv Ludwigsburg. Eine erste Recherche beim Staatsarchiv führte jedoch zu keinen Treffern.

Dafür half schnell eine weitere äußerst ergiebige Quelle aus den hauseigenen Beständen des Stadtarchivs weiter. Das Wochenblatt Weil der Stadt berichtete in seinen Ausgaben Nummer 52 und 53 über den spektakulären Kriminalfall im Nachbarort.  Während in der Ausgabe vom Freitag, den 28. Juni nur eine kurze Notiz enthalten ist – diese wurden offenbar bereits nach Redaktionsschluss noch ins Blatt genommen - ist der Ausgabe vom Mittwoch, den 03. Juli deutlich mehr Information zu entnehmen.

Demnach war Wilhelm KURZ, gebürtig aus Eberdingen und zeitweilig Wirt des Gasthauses „Kaiser“ in Hausen/Würm[1], in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. Daraufhin wurde der Futterertrag seiner Wiesen gepfändet und versteigert. Der Merklinger Traubenwirt Georg Kleinfelder hatten den Ertrag ersteigert. Als er die entsprechenden Wiesen mähen lassen wollte kam es bereits einige Tage vor der Tat zu einem ersten Konflikt mit Kurz als dieser der Familie Kleinfelder mit Schusswaffeneinsatz drohte. Bereits zu diesem Zeitpunkt wurde die Polizei eingeschaltet, der zuständige Landjäger aus Weil der Stadt führte sogar eine Hausdurchsuchung durch, konnte aber keine Waffen entdecken. Die Familie führte die Ernte fort, als am Freitag dann Georg Kleinfelder jr. und sen. sowie zwei Töchter, ein weiterer Sohn und zwei zusätzliche Enrntehelfer die Wagen beluden griff sie der in der Nähe wartende Kurz mit einer Schrotflinte an. Dabei verletzte er den Sohn Georg und erschoss zunächst den Vater, und dann auch Pferd und Hund der Familie. Die übrigen Familienmitglieder konnten fliehen, der bereits schwer verletzte Sohn Georg wurde daraufhin mit einem weiteren Schuß durch Kurz getötet. Daraufhin begab sich Kurz zurück zu seiner Wohnung in der sich dann selbst erschoss.

[1] Diese Angaben werden durch das Familienregister Merklingen, Band II Blatt 107 bestätigt.

Redaktion

Stadtarchiv Weil der Stadt, Bestand Personenstandsregister Merklingen