Planungen zum Energieversorgungskonzept für das Neubaugebiet "Häugern-Nord"

Städtische Mitteilungen

Aus dem Gemeinderat vom 19. März

Wie soll das Neubaugebiet „Häugern-Nord“ mit Wärme und Energie versorgt werden? Mit dieser Frage hat sich der Gemeinderat bereits mehrfach beschäftigt. Nach kontroverser Diskussion hat der Gemeinderat in seiner letzten Sitzung mehrheitlich bei 17 Ja-Stimmen, 7 Nein-Stimmen und 2 Enthaltungen beschlossen, ein Quartierstromnetz zu errichten und die Planungen dafür weiterzuentwickeln.

 

Was ist das Ziel des Konzepts?

Die Wärme- und Stromversorgung des Neubaugebiets „Häugern-Nord“ soll zukunftsfähig, ökologisch und wirtschaftlich sinnvoll sein.

Die von den Gebäuden im Quartier benötigte Energie in Form von Wärme, elektrischem Strom sowie bei Bedarf auch Kälte soll daher weitestgehend innerhalb des Neubaugebietes oder unmittelbar daran angrenzend mittels Geothermie (Erdwärme) sowie Sonnenenergie (Photovoltaik) gewonnen werden.

 

Wärmeversorgung: Was ist Geothermie und wie funktioniert sie?

Als Geothermie wird thermische Energie - also Wärme - bezeichnet, die innerhalb des Erdreichs gespeichert ist. Sie wird daher auch als Erdwärme bezeichnet.

Im Gebiet „Häugern-Nord“ soll Wärme aus dem Erdboden in einer Tiefe von bis zu 200 m gewonnen werden. Dazu werden Erdwärmesonden mit einem Bohrgerätes senkrecht in den Boden gebohrt. Die Sonden befinden sich vor allem unter den Grünflächen des Quartiers, unter Parkplätzen oder unter landwirtschaftlich genutzten Flächen, die an das Wohngebiet angrenzen. Sie sind später an der Oberfläche nicht sichtbar. Die Flächen können ohne Einschränkungen genutzt werden, Überbauungen sind also problemlos möglich.

Im Vorfeld wurde bereits eine Probebohrung durchgeführt, um die Bodenbeschaffenheit sowie die Eignung des Gebiets zu beurteilen. Dabei stellte sich heraus, dass die Gewinnung von Erdwärme über Erdwärmesonden im untersuchten Gebiet sehr gut möglich ist.

 

Wie wird die Geothermie im Gebiet verteilt?

Die einzelnen Erdwärmesonden sind untereinander und mit den Gebäuden durch ein unterirdisches, so genanntes kaltes Nahwärmenetz, verbunden.

In diesem Netz zirkuliert die Sole, ein Wasser-Ethylen-Gemisch, über das die aus dem Erdreich gewonnene Wärme zu den Gebäuden transportiert wird. Das Temperaturniveau im kalten Netz schwankt je nach Jahreszeit zwischen 5 °C und 15 °C.

In jedem Gebäude befindet sich eine Übergabestation. Die Übergabestation besteht im Wesentlichen aus einer Wärmepumpe sowie ein oder zwei Pufferspeichern. Die Wärmepumpe hebt unter Einsatz von Strom das über das kalte Nahwärmenetz zur Verfügung gestellte Temperaturniveau an. Je nach Bedarf belädt die Wärmepumpe dann den Trinkwarmwasserspeicher mit ca. 60 °C heißem Wasser oder den Heizungspufferspeicher mit einem Temperaturniveau von ca. 35 °C. Nach der Übergabestelle wird das Heiz- bzw. Trinkwarmwasser innerhalb des Gebäudes bis zu den jeweiligen Abnahmestellen verteilt. Die kalte Nahwärme kann in den Sommermonaten zur Klimatisierung und passiven Kühlung des Gebäudes genutzt werden.

 

Stromversorgung: Wie wird die elektrische Energie erzeugt?

Die im Baugebiet benötigte elektrische Energie soll überwiegend durch PV-Anlagen auf den Dächern der Gebäude erzeugt werden.

Dazu werden sowohl auf den Flachdächern als auch auf den Satteldächern im Gebiet PV-Module installiert, die die Strahlungsenergie der Sonne in elektrischen Strom umwandeln. Der so erzeugte Strom wird für den Betrieb des Wärmeverteilnetzes und der Wärmepumpen eingesetzt und steht auch den Bewohnern des Quartiers zur Verfügung.

Um möglichst viel des erzeugten Stroms im Quartier selbst nutzen zu können, kann überschüssiger PV-Strom in einem zentralen Batteriespeicher zwischengespeichert werden. Dies ist möglich, da die PV-Anlagen, der Batteriespeicher und die Verbraucher über ein Quartierstromnetz miteinander verbunden werden. Entsprechende E-Mobilitätskonzepte zum Laden von Elektrofahrzeugen im Quartier sind ebenfalls vorgesehen.

 

Wer soll das Konzept umsetzen?

Die Realisierung des Energiekonzepts soll im Rahmen eines Contracting-Modells erfolgen. Dies bedeutet, dass ein von der Stadt nach Durchführung eines Ausschreibungsverfahrens beauftragter externer Dienstleister, die (weitere) Planung, Fördermittelakquise, Finanzierung, Errichtung sowie den Betrieb aller zur Energieversorgung notwendigen Anlagen bis einschließlich der Übergabestationen im Quartier übernimmt.

Über einen mit den jeweiligen Grundstückseigentümern abzuschließenden langfristigen Wärmversorgungsvertrag liefert der Dienstleister als Quartiersversorger Wärme (Wärmeversorgung); er hat den einzelnen Abnehmern im Baugebiet (Eigentümern, Eigentümergemeinschaften, Mietern) darüber hinaus so genannte Mieterstromverträge anzubieten (Stromversorgung), ohne dass diese zu einem entsprechenden Strombezug vom Quartierversorger verpflichtet werden.

 

Was sind die nächsten Schritte?

Die Machbarkeitsstudie sowie vertiefende Planungen für das Konzept werden von der Terra Consutling GmbH vorgesetzt. Im Ergebnis können insbesondere genauere Aussagen zur technischen und wirtschaftlichen Machbarkeit getroffen werden.

Der Gemeinderat kann sich im Rahmen einer Exkursion Ende April ein Bild vom ähnlich ausgerichteten Energieversorgungskonzept der Gemeinde Kressbronn am Bodensee machen und mit den dortigen Entscheidungsträgern Erfahrungen und Argumente austauschen.

Auf Basis der konkretisierten Planungsergebnisse und den Erkenntnissen aus dem Besuch in Kressbronn wird der Gemeinderat im weiteren Verlauf über die Inhalte der Contractoren-Ausschreibung beraten und beschließend. Anschließend können die detaillierten Ausschreibungsunterlagen erarbeitet werden.

 

Was ist eigentlich der aktuelle Stand im Bebauungsplanverfahren „Häugern-Nord“?

Derzeit sind insbesondere die Anträge zur Umwandlung der betreffenden Streuobstwiesen und zum Wasserrecht bei den zuständigen Fachbehörden in der Abstimmung und Bearbeitung. Parallel dazu wird die erneute Offenlage sämtlicher Planungsunterlagen und Gutachten vorbereitet, mit dem Ziel, den notwendigen Offenlagebeschluss in der Sitzung des Gemeinderats am 14.05.2024 zu fassen. Daran schließt sich die öffentliche Auslegung dieser Unterlagen im gesetzlich vorgesehen Zeitrahmen an. Die daraus resultierenden Stellungnahmen aus der Öffentlichkeit von Trägern öffentlicher Belange werden im weiteren Verlauf fachlich bewertet und abgewogen. Der Satzungsbeschluss wird nach derzeitigem Kenntnisstand im vierten Quartal 2024 möglich sein.

Redaktion

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