Weiler Lebenslinien: Apotheker Otto SCHÜTZ aus Weil der Stadt

Archival des Monats

Auch wenn es sich meist nicht um bekannte, bedeutende oder gar berühmte Persönlichkeiten handelt so ist es doch immer wieder spannend die Lebenswege der Weiler Bürger vergangener Jahrhunderte zu verfolgen. Das Archivale des Monats bezieht sich im September auf den Weiler Sprössling Otto SCHÜTZ und dessen Spuren in verschiedensten Archivalien.

Weiler Lebenslinien: Apotheker Otto SCHÜTZ aus Weil der Stadt

(Bestände Weil der Stadt Personenstandsregister, Staatsarchiv Ludwigsburg Bestand E162 II Personalakten des Medizinalkollegiums, Universitätsarchiv Tübingen Matrikel der Universität Tübingen, Bayerische Staatsbibliothek: Münchner Adressbücher des 19. Jahrhunderts)

 

Auch wenn es sich meist nicht um bekannte, bedeutende oder gar berühmte Persönlichkeiten handelt so ist es doch immer wieder spannend die Lebenswege der Weiler Bürger vergangener Jahrhunderte zu verfolgen. Das Archivale des Monats bezieht sich im September auf den Weiler Sprössling Otto SCHÜTZ und dessen Spuren in verschiedensten Archivalien – dabei wird zum einen deutlich, dass man nicht nur im Weiler Stadtarchiv zur Weiler Geschichte fündig wird, zum anderen zeigt sich das eine Biographie mit den zur Verfügung stehenden Quellen in den meisten Fällen nicht immer vollständig ausgeleuchtet werden kann.

Bei Recherchen im Staatsarchiv Ludwigsburg kam in den Akten1 des Medizinalkollegiums2 der Name des Weiler Bürgers Otto SCHÜTZ auf. Bei diesen Ludwigsburger Archivalien handelt es sich um einen Antrag des Otto Schütz auf Zulassung zur pharmazeutischen Staatsprüfung. Darin enthalten sind neben einem Anschreiben auch die spätere schriftliche Prüfung. Im Zulassungsantrag beschreibt Schütz seinen bisherigen beruflichen Werdegang. Daraus geht hervor, dass er nach einer Lehre in Gmünd am 29. September 1852 seine Prüfung zum Gehilfen abgeschlossen hatte und im Anschluss von 1852 bis 1858 als pharmazeutischer Gehilfe in Apotheken in Gmünd, Rottweil, Mannheim, Heilbronn, Cannstatt und Freiburg arbeitete.

Eine in den Beständen des Stadtarchivs durchgeführte Recherche nach Otto Schütz führte erwartungsgemäß ebenfalls zu Treffern: so wird SCHÜTZ im Familienregister3 als „privatisierender“ Apotheker in München genannt. Otto SCHÜTZ wurde am 07. Juli 1834 in Weil der Stadt geboren. Er war das neunte von insgesamt zehn Kindern seines Vaters David SCHÜTZ (1791 – 1869) – dieser hatte mit seiner ersten Ehefrau Katharina geborene DECKER sieben Kinder und mit seiner zweiten Frau Katharina  geborene REIFFSTECK4 drei Kinder, dieser Ehe entstammte auch Sohn Otto5. Der Großvater von Otto SCHÜTZ war Elias Schütz, Löwenwirt (1763- 1845)

Aus seiner Kindheit und Jugend lässt sich erwartungsgemäß wenig rekonstruieren. Die Familie des Konditors SCHÜTZ wohnte am Marktplatz in der heutigen Scheergasse 2, später in der heutigen Stuttgarter Straße, weiterhin besaß der Vater David eine Scheuer in der Pfarrgasse - den früheren Bebenhäuser Hof. Einen interessanten Hinweis auf die Familie SCHÜTZ sowie deren Heimstatt und die Familienmitglieder liefert eine Zeichnung seiner Halbschwester Katharina, die sie nach ihrer Rückkehr aus einem Mädchenpensionat am 17. Mai 1846 zeichnete6. Zu sehen ist das Wohnzimmer der Familie. Die einzelnen Familienmitglieder lassen sich nicht gesichert zuordnen, allerdings könnte es sich bei dem Jungen mit den Zügeln des Schaukelpferdes in der Hand um den zu diesem Zeitpunkt elfjährigen Otto handeln. Ein „richtiges“ Bild des Otto SCHÜTZ konnte im Zuge der Recherchen zu dieser Archivale des Monats nicht ermittelt werden.

Im Wintersemester 1858/59 taucht Otto SCHÜTZ in den Matrikeln der Universität Tübingen7 als (hospitierender) Student der Pharmazie auf – in seinem Prüfungsantrag an das staatliche Medizinalkollegium hatte er dies selbst geschrieben: „Studiere seit Herbst 1858 die Pharmacie in Tübingen.“8

Während der Familienregistereintrag des Otto Schütz nur auf den Ort (Riedlingen) hinweist ist dem Familienregistereintrag seines Vaters David die Hochzeit des Sohnes Otto für den Oktober 1867 in Riedlingen zu entnehmen – hier heiratete er Albine Philipine Gertrud CUSTODIS. Zumindest dem in Weil der Stadt vorliegenden Register nach blieb die Ehe kinderlos.

Die Familie seiner Frau ist ebenfalls eine nähere Betrachtung wert: Albine Philipine entstammt der (groß-) bürgerlichen Familie CUSTODIS, die im Rheinland einige Bekanntheit erlangte9 und deren Mitglieder über einen längeren Zeitraum hinweg für die Entwicklung der Stadt Düsseldorf entscheidenden Einfluss in zahlreichen Positionen ausgeübt haben. Zu den berühmtesten Vertretern gehörten dabei Leopold Wilhelm CUSTODIS (1762 – 1837) als Mitglied der Stadtverwaltung und kurzzeitiger Düsseldorfer Oberbürgermeister (1824). Dessen Neffe Franz Bernhard CUSTODIS erlangte als Künstler einige Bekanntheit, ein weiterer Neffe namens Heinrich Ferdinand Wilhelm CUSTODIS war der Großvater von Albine Phlilipine. Er war als Regierungsbeamter in Opladen tätig und wurde bei einem gewaltsamen Angriff im Jahre 1817 (man hatte ihn offenkundig fälschlicherweise für einen Wilderer gehalten) derart schwer verletzt, dass er kurze Zeit später verstarb. Einer seiner Söhne war der spätere Schwiegervater von Otto SCHÜTZ, Adolph CUSTODIS (1812 – 1877). Ebenfalls in Regierungsdiensten stehend siedelte Adolph Custodis in den unruhigen Revolutionsjahren von Düsseldorf nach Sigmaringen über: in Folge der revolutionären Ereignisse 1848/49 dankte das Fürstenhaus der Hohenzollern-Sigmaringen zugunsten ihren entfernten preußischen Verwandten ab, ab 1850 gehörte das ehemalige Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen zu Preußen. Nachdem Düsseldorf bereits seit 1815 preußisch geworden war wurde CUSTODIS als preußischer Regierungsbeamter in die neuen Besitzungen ausgesandt - seit 1849 war er mit seiner Familie in Sigmaringen ansässig. Seine Tochter Albine wurde 1842 noch in Düsseldorf geboren. Wo und wann sie auf den Weiler Otto SCHÜTZ traf bleibt unklar. Ihre Vater Adolph verstarb 1877 in Sigmaringen, die Mutter Anna geb. SCHMITZ verstarb 1882 in Düsseldorf10.

So dann vergehen wiederum einige Jahre ehe uns die Adressbücher der Stadt München wieder gesicherte Hinweise auf Otto SCHÜTZ liefern: eine Recherche in den digital bei der Bayerischen Staatsbibliothek zur Verfügung stehenden Adressbüchern ergab, dass SCHÜTZ im Jahre 1890 in der Münchner Landwehrstraße wohnte, 1896 dann in der Karlstraße 17/3 und letztlich war er im Jahr 1906 in der Amalienstraße 40/2 gemeldet.

Ob der Aufenthalt als „Privatier“ in München dem Vermögen seiner aus gutem Hauses stammenden Frau geschuldet war ist reine Spekulation. Auch sonst können wir zumindest derzeit nichts über das Leben des Ehepaars SCHÜTZ in München feststellen.

Nachdem seine Frau Albine bereits 1899 in München verstorben war verstarb Otto SCHÜTZ am 12. November 190711 während er auf Besuch bei seiner Nichte Antonie in seiner Heimatstadt weilte.

 

Fußnoten:

[1] Staatsarchiv Ludwigsburg, Bestand E162 II Personalakten des Medizinalkollegiums

[2] König Friedrich stellte in Württemberg die das Gesundheitswesens auf eine neuzeitliche Grundlage. Er setzt im Organisationsmanifest von 1806 für die Verwaltung der "Medizinalanstalten und des Sanitätswesens" eine besondere Direktion, das königl. Medizinal-Department ein, das 1811 zur Sektion des Medizinalwesens und diese unter König Wilhelm im Jahr 1818 schließlich zum Medizinalkollegium umgewandelt wurde.

[3] Stadtarchiv Weil der Stadt, Bestand Familienregister, Band VI Blatt 19

[4] Tochter des aus dem Elsaß stammenden Jean Baptiste REIFSTECK, Bürgermeister von Weil der Stadt (1803-1834). Reifsteck floh 1793 über den Rhein und gelangte nach Weil der Stadt. Hier machte der studierte Jurist und Notar Karriere in städtischen Diensten.

[5] Stadtarchiv Weil der Stadt, Bestand Familienregister, Band III Blatt 65

[6] Weiler Veduten. Weil der Stadt in alten Darstellungen. Horb am Neckar : Geiger, 1997  – Seite 37 und S. 88

[7] Verzeichnis der Studierenden der Universität Tübingen, WS 1858/59 (p. 27)

[8] StAL E 162 II_Bü 2291 Blatt 2

[9] Die Düsseldorfer Familie Custodis erschienen in Düsseldorfer Jahrbuch. 2012. Bd. 82.2012. – Seite 203 bis 215

[10] Ein Dank geht für diese Mitteilung an die Kollegen des Stadtarchivs Düsseldorf.

[11] Stadtarchiv Weil der Stadt, Personenstandsregister, Sterberegister 1907 Nr. 56